Finanziell muss es nicht immer ein Studium sein!
Das Abitur markiert das (vorläufige) Ende der schulischen Ausbildung. Nicht umsonst heißt es auch Hochschulreife. Denn dieser Schulabschluss berechtigt zu einem Studium an einer Hochschule. Viele Schulabgänger schlagen diesen Weg ein. Einige Abiturienten/innen möchten jedoch lieber eine Berufsausbildung beginnen, um zunächst einen Beruf zu erlernen. Andere wissen vielleicht trotz intensiver Beschäftigung mit dem Thema noch nicht, was sie machen möchten. Dann sind Wehr- und Zivildienst, das Freiwillige Soziale Jahr und seine Varianten in anderen Bereichen oder eine Zeit als Au-Pair im Ausland vielleicht gute Möglichkeiten zur Orientierung. Auch ein Praktikum kann bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein. Welche Optionen bieten welche Vorteile?
Der klassische Weg: Studium nach dem Abitur
Ein Studium lockt jedes Jahr einen großen Teil der Schüler/innen nach dem Abitur an die Hochschulen. Kein Wunder, verspricht es doch erstklassige Gehalts- und Karrierechancen. Generell öffnet – bei allen Unterschieden zwischen den Studiengängen – ein Studium in der Tat Karrieretüren, die Ausbildungsberufen verschlossen bleiben. Viele Unternehmen legen bei der Besetzung leitender Positionen großen Wert auf einen geeigneten Studienabschluss. Speziell in technischen und naturwissenschaftlichen Bereich ist ein Bachelor das absolute Minimum. Für eine wissenschaftliche Karriere ist ein Studium sogar unverzichtbar.
Das Studium zahlt sich aus. Denn die Einstiegsgehälter und die später erzielbaren Einkommen sind deutlich höher als in Ausbildungsberufen. Ebenso ist die Arbeitslosigkeit bei Akademikern signifikant niedriger als bei anderen Arbeitskräften. Das hat jedoch einen Preis. Denn während des mindestens dreijährigen Bachelorstudiums sowie eines möglicherwiese anschließenden Masterstudiums müssen die Studierenden ohne festes Einkommen auskommen. Sie jobben nebenbei und müssen die Doppelbelastung stemmen, sofern BAföG und andere Finanzierungsquellen nicht ausreichen.
Ein weiterer Vorteil ist die Flexibilität. Viele Studiengänge erlauben eine Spezialisierung durch Studienschwerpunkte, die erst im Laufe des Studiums herauszubilden sind. Das erlaubt mehr Zeit zur Orientierung. Praktika sind ebenfalls ein gutes Mittel, um das Studium für spätere Berufsfelder besser ausrichten zu können. Hier knüpfen die Studierenden außerdem Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern und lernen die Praxis kennen.
Vorteile eines Studiums:
- bessere Gehalts- und Karrierechancen,
- wissenschaftliche Karriere möglich,
- niedrige Arbeitslosenquote,
- längere Orientierungsphase möglich.
Nachteile eines Studiums:
- Studium muss finanziert werden,
- späterer Berufseinstieg (Einkommen),
- teilweise sehr theoretische Inhalte.
Der sichere Weg: Ausbildung nach dem Abitur
Die zweite Variante für die Zeit nach dem Abitur: eine solide Berufsausbildung. Wer schnell in das Berufsleben starten und eigenes Geld verdienen möchte, ist mit einer Ausbildung auf dem richtigen Weg. Schon im ersten Monat erhalten Auszubildende ein Gehalt, das je nach Branche ordentlich sein kann. Das Abitur erlaubt zudem in der Regel, die Ausbildungszeit von regulär drei auf zwei oder zweieinhalb Jahre zu verkürzen. Folgt eine Übernahme oder eine sofortige Einstellung, erreichen die Berufstätigen bereits in sehr jungen Jahren ein gutes Einkommen. Speziell für praktisch veranlagte Schüler/innen ist eine Ausbildung eine attraktive Variante.
Eine Ausbildung begrenzt deine Karrierechancen zwar, erstklassige Fachkräfte können jedoch auch ohne Studium in leitende Positionen aufrücken oder sich selbstständig machen. Nicht zuletzt ist mit einem Ausbildungsberuf nicht Endstation, denn ein Studium ist auch später noch jederzeit möglich. Für einige Studiengänge im ingenieurswissenschaftlichen oder betriebswissenschaftlichen Bereich ist vorherige Berufserfahrung sogar von Vorteil. Einen Nachteil hat eine Berufsausbildung jedoch: Viele Berufe sind fachlich begrenzt. Möchte sich ein Berufstätiger umorientieren, ist meistens eine Umschulung oder eine neue Ausbildung erforderlich. Beides sind mühsame Schritte, um den Beruf zu wechseln.
Vorteile einer Ausbildung
- sofortiges Einkommen,
- verkürzte Ausbildungsdauer für Abiturienten/Abiturientinnen,
- starker Praxisbezug.
Nachteile einer Ausbildung:
- Spitzenpositionen stehen nur Top-Kräften zur Verfügung,
- sofortige Berufsentscheidung erforderlich,
- späterer Berufswechsel schwierig.
Der Mittelweg: duales Studium nach dem Abitur
Es gibt eine Ausbildungsform, die Studium und Berufsausbildung kombiniert: das duale Studium. Dieses beinhaltet eine Ausbildung bei einem Unternehmen, das in Kooperation mit privaten oder staatlichen Hochschulen seinen Auszubildenden parallel ein Studium in einem relevanten Fachbereich ermöglicht. Das heißt: Studium und Ausbildung laufen gleichzeitig. Der positive Effekt: Es gibt zwei Ausbildungsabschlüsse und einen sehr starken Bezug zur Praxis bei gleichzeitig optimalen Gehalts- und Karrierechancen.
Achtung: Es gibt inzwischen viele Angebote für das duale Studium. Wichtig ist, dass eine Berufsausbildung mit einem grundständigen Studium verknüpft ist. Nur diese Form des dualen Studiums ist eine echte Alternative für Schulabgänger.
Der Nutzen für die Unternehmen ist groß, daher fördern diese Auszubildende im dualen Studium durch ordentliche Ausbildungsvergütungen. Da es einen relevanten Bezug zum praktischen Bedarf gibt, haben Absolventen/Absolventinnen sehr gute Chancen auf eine Übernahme und auf eine Karriere. Der große Nachteil bei dieser Ausbildungsform ist jedoch die Doppelbelastung durch Ausbildung und Studium. Inhaltlich und zeitlich bedarf ein duales Studium einer sehr großen Disziplin und Selbstorganisation. Anders als bei einem regulären Studium sind die Auszubildenden sowohl an den Studiengang und -ort als auch an den Arbeitgeber gebunden. Ein Wechsel während der Ausbildungszeit ist deutlich schwerer. Schließlich führen die Vorteile eines dualen Studiums zu einer Bewerberflut. Der Abschlussnote kommt daher eine große Bedeutung bei der Bewerbung zu.
Vorteile eines dualen Studiums:
- sofortiges Einkommen,
- Doppelabschluss in Beruf und Studium,
- erstklassige Karrierechancen,
- starker Praxisbezug.
Nachteile eines dualen Studiums:
- sehr große inhaltliche und zeitliche Belastung,
- an Arbeitgeber und Studiengang gebunden,
- häufig guter Notenschnitt Voraussetzung.
Der Umweg: Orientierungsphase nach dem Abitur
Wenn der Berufswunsch nach dem Abitur noch nicht feststeht und die Abiturienten/Abiturientinnen sich erst noch orientieren möchten, gibt es viele Möglichkeiten. In dieser Zeit können Sie ihre Persönlichkeit festigen und ihren Berufswunsch weiter ergründen. Nebeneffekt: Diese Alternativen zählen als Wartesemester. Wenn der eigene Abiturschnitt nicht optimal ist, steigen durch diese Optionen die Chancen auf einen Studienplatz.
Wehr- und Zivildienst
Für Männer steht die Frage nach Wehr- oder Ersatzdienst an. Die Zeit bei der Bundeswehr oder einer sozialen Einrichtung kann einen deutlichen Einfluss auf die eigene Identität und den Berufswunsch haben. Viele Arbeitgeber bevorzugen Männer, die bereits ihren Dienst absolviert haben. Sowohl Bundeswehr als auch Arbeitgeber der Zivildienstleistenden zahlen einen Sold.
Bundesfreiwilligendienst/FSJ und Co
Für Frauen und Männer sind der Bundesfreiwilligendienst sowie das Freiwillige Soziale Jahr (bzw. Freiwilliges Ökologisches Jahr usw.) eine gute Option. In dieser Zeit engagieren sie sich für die Gesellschaft und erhalten eine kleine Vergütung. Diese Arbeit gibt die Suche nach einem geeigneten Ausbildungsberuf oder Studienplatz neue Impulse.
Au-pair
Eher für Frauen ist eine Zeit als Au-Pair im Ausland geeignet. Sie arbeiten dabei in Familien und kümmern sich vorrangig um deren Kinder. Dafür erhalten sie einen kleinen Lohn. Der Vorteil ist, dass sie so das Land kennenlernen, interkulturelle Kompetenzen herausbilden und ihre Sprachfähigkeit in der Praxis erproben. Ein Auslandsaufenthalt als Au-pair steigert daher später die Karrierechancen und erlaubt es den jungen Frauen, sich beruflich länger zu orientieren.
Praktikum
Wer den Bewerbungstermin für einen Ausbildungsplatz verpasst oder keinen Studienplatz bekommen hat, kann ein bezahltes Praktikum absolvieren. Der Vorteil: Die Praktikanten/Praktikantinnen bekommen Einblick in den praktischen Berufsalltag und können so leichter herausfinden, ob ihnen die gewählte Branche und Berufsausrichtung zusagt. Ein solches Praktikum ist zudem eine sehr gute Möglichkeit, sich beim Arbeitgeber für einen Ausbildungsplatz oder später einen Arbeitsplatz zu empfehlen.
Fernkurse
Wenn alle Optionen nicht passen, besteht neben dem süßen Nichtstun eine weitere Möglichkeit, eine Orientierungsphase einzulegen und diese sinnvoll zu nutzen. Viele Fernakademien bieten eine Reihe von Kursen, die abseits von Ausbildungs- und Fernstudiengängen das Schärfen des eigenen Profils ermöglichen. So lassen sich beispielsweise wichtige Themengebiete wie Mathematik, Englisch oder Betriebswirtschaftslehre als Fernkurs vertiefen, um später in der Berufsausbildung oder im Studium mit einem besseren Wissensstand zu starten. Ebenso stehen aber Fernkurse zur Auswahl, die Persönlichkeit und Soft-Skills stärken. Die Prüfungen sind meistens optional. Der Nachteil: Fernkurse kosten Geld und erfordern eine große Disziplin sowie eine gute Selbstorganisation.
Nach dem Abitur den besten individuellen Weg ins Berufsleben finden
Für welche Alternative sich Abiturienten/Abiturientinnen auch entscheiden: Die Grundwahl spätestens nach der Orientierungsphase heißt Berufsausbildung oder Studium. Das duale Studium beinhaltet beides, ist aber sehr anspruchsvoll. Die Entscheidung für den individuellen Ausbildungsweg sollten alle jungen Menschen aber von Interessen, Persönlichkeit, Berufsaussichten und der eigenen Mobilität abhängig machen. Das Ziel muss lauten, nach dem Abitur einen Weg in einen attraktiven Beruf zu finden, der zum eigenen Ich passt.